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Wo die Donau flüstert und die Städte toben

  • Autorenbild: Philipp Springsguth
    Philipp Springsguth
  • 17. Apr.
  • 5 Min. Lesezeit

Von Slavonice nach Wien – Vorerst die letzten Anstiege


Mehr als zwei Wochen sind seit unserem letzten Beitrag vergangen. In Slavonice haben wir eine kleine Pause eingelegt, um zu organisieren, Energie zu tanken und unsere Route weiterzuplanen. Jetzt liegt Wien vor uns – 154 Kilometer entfernt. Dort freuen wir uns riesig auf ein Wiedersehen mit Romana, einer alten Freundin und ehemaligen Arbeitskollegin von Maria. Der Gedanke an die Begegnung gibt uns Rückenwind.

Die Landschaft rund um Slavonice ist hügelig, mit weiten Feldern und kleinen Wäldchen. Auf den ersten Kilometern entdecken wir vereinzelt Bunker – erst hier und da, dann immer häufiger. Mit geschärftem Blick zählen wir am Ende 51 Bunker auf nur 20 Kilometern – eine bedrückende Erinnerung an vergangene Zeiten. Wir können und wollen uns nicht ausmalen, was hier vor 80 Jahren los war.



Kurz darauf stehen wir fast schon an der Grenze – so sehr hat uns das Zählen abgelenkt. Ein paar Abschiedsbilder von Tschechien noch, dann rollen wir bergab nach Österreich. Und mit dem Grenzübergang verschwinden auch die Bunker. Die Landschaft bleibt weit, offen, angenehm ruhig. Wir waren schon oft in Österreich und haben uns immer wohlgefühlt – doch Niederösterreich ist für uns beide neu.


Kilometer, Weingärten und ein wachsamer Blick

Da wir am nächsten Tag in Wien ankommen möchten, müssen wir heute ordentlich Kilometer machen. Podcast auf die Ohren und in die Pedale treten – 40, 50, 60 Kilometer fliegen dahin. Wir durchqueren riesige Weingebiete, in denen Bauern die Reben für das Jahr vorbereiten. Am Ende sind es 82 Kilometer. Die Luft ist raus, die Beine müde, aber wir finden einen schönen Schlafplatz nur 150 Meter neben dem Radweg.

Beim Kochen fällt uns ein Mann auf, der uns aus der Entfernung beobachtet und sogar sein Handy zückt. Ob er uns verpfeift? Wir sind etwas verunsichert – vielleicht auch einfach nur übermüdet – und verlegen unseren Schlafplatz ein paar Meter weiter. Die Nacht ist ruhig.





Der Morgen startet kalt und feucht. Das Zelt ist nass, die Finger klamm. Motivation sieht anders aus. Aber je weiter wir fahren, desto flacher wird die Landschaft – und dann, nach 45 Kilometern, ist er da: der Moment, auf den wir uns so gefreut haben. Die Donau! Sie wird uns für die nächsten 400 Kilometer begleiten. Die letzten 30 km sind kein Problem und wir liegen gut in der Zeit, also starten wir nach einer kleinen Futterpause zum ersten Mal die Drohne und machen ein paar Aufnahmen von unserem ersten Meilenstein.


Wien, Romana und ein bisschen Fahrradbastelei


In Wien angekommen, navigieren wir durch die volle Innenstadt mit ihren Ampeln und dem Trubel – ein starker Kontrast zur Natur der letzten Tage. Als wir vor Romanas Tür stehen, sind wir erleichtert. Ein paar Stockwerke später stehen auch unsere Taschen in ihrer Wohnung. Der Abend ist geprägt von schönen Gesprächen und leckerem Essen beim Chinesen um die Ecke.

Die zwei Tage in Wien nutzen wir, um Ersatzteile zu besorgen und unsere Lenker zu kürzen. Mit einem Sägeblatt, das wir mit dem Leatherman und Kabelbinder halten, geht es ans Eingemachte. Wir klappern mehrere Radläden auf der Suche nach den passenden Speichen ab. Gar nicht so leicht wie gedacht, aber leichter wirds nicht. Fünf Radläden später und haben wir die unseren Ersatzteilvorrat aufgestockt und Maria hat einen neuen Seitenspiegel bekommen, wir sind zufrieden.



Wien ist lebendig, edel, charmant – und verströmt ein echtes Frühlingsgefühl. Die Stadt verzaubert uns mit ihren historischen Bauten und ihrer ausgeprägten Kaffeehauskultur. Wir genießen die Zeit mit Romana in vollen Zügen. Für uns ist der Aufenthalt in Wien, die perfekte Balance aus Ruhe, Organisation und Sightseeing.




Am Tag der Abreise passiert’s: Meine Regenhose fällt beim Überqueren einer Kreuzung von meiner Tasche. Offenbar wollte sie in Wien bleiben. Glücklicherweise bemerkt Maria es rechtzeitig und sammelt sie wieder ein. Wir starten auf dem EuroVelo 6 in Richtung Bratislava. Die Strecke ist flach, die Sonne scheint – es rollt einfach.


Marathon in Bratislava und ein ruhiger Platz an der Donau


Wir haben uns darauf gefreut, die slowakische Hauptstadt beim Durchfahren anzuschauen. Doch in Bratislava geraten wir direkt in einen Marathon. Plötzlich stehen wir mitten im Trubel direkt neben der Startlinie, mit dutzenden Menschen um uns herum. Wir kaufen nur schnell noch was ein und versuchen wieder aus der Stadt zu kommen. Leider spinnt Komoot und erschwert uns die Navigation. Unterwegs überholen uns 3 Feuerwehrfahrzeuge und 5 Min. später sehen wir auch, wohin es für sie ging. Wir fahren an einem Hausbrand vorbei, der gerade gelöscht wird. Wahrscheinlich war es ein Unfall beim Grillen, denn das Feuer hat sich anscheinend aus dem Garten auf das Haus übertragen. Nach 82 Kilometern sitzen wir schließlich nur 100 Meter von der Donau entfernt auf einem Feld und trinken Tee. Die Ruhe tut gut.



Am nächsten Morgen weckt uns die Sonne – es ist der 6. April und unser 5. Jahrestag. Doch die Kälte beim Zeltabbau schlägt uns aufs Gemüt. Marias Hände sind trotz Handschuhen eiskalt. Doch ein Seitenarm der Donau mit hunderten (!) dahintreibenden Schwänen bringt uns zum Staunen.


Nach etwa 25 Kilometern machen wir Pause in einem windigen Unterstand – zum Glück flieht der Käse nicht vom Brot. Anlässlich unseres Jubiläums entscheiden wir spontan: Wir suchen uns heute eine Unterkunft. Fündig werden wir in Komárno. Der Haken: Es sind 96 Kilometer bis dorthin.

Noch nie sind wir vorher so weit an einem Tag gefahren, doch der Gedanke an ein warmes Bett motiviert uns. Der Rückenwind trägt uns, wir haben gute Gespräche, lachen viel. Endlich können wir auf dem Radweg mal ungestört nebeneinander fahren. Doch nach 60 Kilometern dreht der Wind – volle Breitseite. Wir fahren wortwörtlich schräg, kämpfen uns durch. Trotzdem schaffen wir die letzten Kilometer und die beste Nachricht ist: Es gibt einen Fahrstuhl! Erleichtert bringen wir alles nach oben, kochen Nudeln mit Gemüsesoße in der Gemeinschaftsküche und fallen müde, aber glücklich ins Bett.


Am nächsten Tag ist Budapest unser Ziel. Gestärkt starten wir in den neuen Abschnitt des Donauradwegs. Leider begleitet uns auch heute der nervige Seitenwind. Nach 30 Kilometern dann die zweite Ernüchterung: Die Fähre, mit der wir die Donau überqueren wollten, fährt nicht mehr. Aus den geplanten 91 Kilometern werden 108.

Wir fahren weiter, überqueren bei Esztergom die Grenze ins Land Nummer 4 auf unserer Liste: Ungarn.




Die Strecke bis nach Budapest vereint unsere „Lieblinge“ – stark befahrene Landstraßen und knackige Steigungen. Der Gedanke an einen Pausentag in Budapest hält uns motiviert.

Abgekämpft, aber glücklich erreichen wir am Abend unser Hostel in dieser beeindruckenden Stadt. Jetzt nur noch das ganze Gepäck und die Fahrräder in den 3. Stock schleppen – komplett abgekämpft lassen wir uns ins Bett fallen.




  • Slavonice (Tschechien) Kurz vor Schmieda (Österreich) - 81,8 km

  • Schmieda Wien - 72,6 km

  • Wien Bratislava (Slowakei) - 82,5 km

  • Bratislava Komárno - 96,5 km

  • Komárno Budapest (Ungarn) - 108,2 km


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